Öffentliche Telefonzellen 2
Freitag Nachmittag, der Pendler wendet Stade den Rücken zu, um sich der vorweihnachtlichen Stimmung im Kreis der Familie hinzugeben. Der Vorortzug ist mäßig besetzt. Nur zwei gackernde Jugendliche im Abteil, ansonsten die ruhesuchenden Weggefährten. Sie, gepflegte Mitvierzigerin, betritt in geschäftiger Betriebsamkeit das Abteil. Souverän wird die Sitzgelegenheit mit Taschen und Gepäck als Eigentum in Beschlag genommen. Der Zug setzt sich in Bewegung. Die Jugendlichen gackern, der MP3 überdeckt gnadenvoll die meisten Störgeräusche. Plötzlich laut und klar: „ Ja, hallo, ich bins. Ich sitz’ im Zug aus Stade. Ja. Du, hast du noch Binden? Nein. … Ob du noch Binden hast!? Ja ich brauche Binden, ich habe meine vergessen und konnte keine Binden mehr kaufen, weil ich den Zug erreichen mußte …“ Nicht auszudenken, wenn sie noch Binden rechtzeitig gekauft hätte. Welch Schauspiel hätten wir erlebt? „Hast du auch keine Tampons?“ Das jugendliche Gegacker ist vor der Verbalexibitionistin in peinlich berührtem Schweigen gewichen, die beiden Mädchen grienen sich verunsichert an. „Ja, bis gleich, ja, in Neugraben …“