Generationskonflikt
Mein neunjähriger Sohn findet Depeche Mode gut. Ich auch. Deutscher Betroffenheits-Pop amüsiert ihn, da jeden Samstagmorgen Xavier heult, wenn ich mein Brötchen aufschneide: „Dieser Weg wird kein leichter sein …“ Belustigt dreht er das Radio leiser, wenn ich einstimme. Juli oder August ist schon grenzwertig. Er findet es gut, ich ertragbar.
Neulich war seine Schulfreundin hier und hat ihre Lieblings-CD mitgebracht. Gerade zur Tür hereingekommen, empfängt mich eine piepsende, überschlagende Kinderstimme: „Schreeeiii, bis du sechs bist, Schreeeeiiiiii, Schreeeeiiiiäh …“
Wie vor den Kopf gestoßen, bleibe ich stehen. „He Papa, das ist Tokyo-Hotel, cool `ne?“ D A S ist Tokyo-Hotel – S C H E …. Blick aufs Cover. Himmel hilf. „Coole Frisur“ antworte ich, um im Gespräch zu bleiben. Ich tausche einen langen Blick mit meiner Frau aus. ‚Wenn Hendrik irgendwann mal zu Tokyo-Hotel will, gehst DU mit ihm!’ ‚Nein, DU’. Wir einigen uns, das Hendrik ein Live-Concert von TH nicht besuchen wird und hoffen, dass die Band alsbald die Grätsche macht.
Meine Eltern fanden Herbert Grönemeyer auch doof: „Der kann garnicht singen“ – stimmt, hat er auch nie behauptet. Aber seine Texte waren genial gereimt und nicht immer ernst gemeint wie von Freund Xavier. Und in puncto Anarchie war Trio kaum zu überbieten – war auch nicht ernst gemeint.