Handyman im Zug
Eigentlich ist der Name Handy Mist – typisch verdenglischt. Eigentlich sollte man sie Mobiltelefon oder, wenn schon Englisch, cellular, nennen.
Schön war es jedenfalls als es sie noch nicht gab, sondern nur öffentliche Fernsprecher. Gelb, kastig und einigermaßen schalldicht. Ich kann mich noch gut an meine Studienzeit erinnern, als Mobiltelefone schön selten waren und Spullerköpfe halt öffentliche Fernsprecher nutzen mußten.
Heute ist das so: der Typ hinter mir in der Bahn, Anfang 20, gestylte Frisur, Kreativbärtchen. Polyphon-Alarm: “ja, ich bin im Zug.” (Hat man früher nicht ‘Hallo’ gesagt und sich mit Namen gemeldet) “Wie, ja ich bin im Zug” – klar, wenn man nichts hört ruhig lauter sprechen, der vollbesetzte Metronom aus Bremen hört gerne mit. “Ja, nee” “Mit der hab’ ich Schluß gemacht” (Scheiße, jetzt kommt das ganze Beziehungsgequatsche) “Nee, ich hab’ gedacht das wird irgendwie noch was …” Fünf Minuten aus dem Intimleben des Kreativfurzes hinter mir. “Ja, hab’ sie denn angerufen und gesagt ‘s geht so nicht mehr, hat sie erstmal ‘okay für den Augenblick’ gesagt, also versteh’ ich irgendwie nicht.” Ein Blick über die Schulter beweißt, daß der Lappen hinter mir im Sitz natürlich nicht das Format hat seine ‘Beziehung’ im persönlichen Gespräch zu beenden. “Ja, irgendwie hab’ ich nie Zeit und du jetzt auch nicht mehr, irgendwie Schade” (Danke, liebe Verfassungsväter, daß ihr das Tragen von Waffen verboten habt) “Ja, ich werd’ mit der Band am Samstag was machen, ja tschüsssi, ja, wir sehen uns, tschüß.”
War das noch schön, als es die Dinger noch nicht gab und jeder seinen Sprachmüll ohne den Mitmenschen zu beeinträchtigen in den dafür vorgesehenen gelben Boxen loswerden konnte.
Wir rollen in den rettenden Hauptbahnhof ein, natürlich zu spät – 2:1 für die Bahn.